Feldwegesatzung – oder Dialog in Limburg
Intensiv wurde das Thema Feldwegesatzung in Limburg debattiert. Am Montagabend fanden die Beratungen durch den Beschluss des Stadtparlaments ein Ende. Mit den Stimmen der großen Koalition aus CDU und SPD sowie der Grünen wurde die Satzung „durchgedrückt“. Die FDP hat dagegen gestimmt, ebenso der CDU Stadtverordnete Gerhard Stamm. 4 Stadtverordnete von CDU und SPD haben sich enthalten.
Was war der Auslöser und worum ging es?
Liest man sich die Vorlagen, Stellungnahmen, Anträge der letzten Monate und die Initiativen durch, gibt es das politische Motiv “Insektenschutz”. Das ist ein gutes Ziel. Man sollte sich dem aber fachlich fundiert und nicht emotional ideologisch nähern. UND- die Stadt sollte selbst hier auch als Vorbild voran gehen.
Daneben – so die Verwaltung – soll Rechtsklarheit geschaffen werden, was bei den Feldwegen erlaubt oder verboten ist bzw. welche Nutzungsrechte bestehen. Das wäre sehr sinnvoll gewesen, hätte man es dann getan. Argumente wie, das sind die Wege der Stadt und da kann die machen, was sie will verkennen den Charakter der Feldwege. Eine ausführliche Erläuterung zur Herkunft der Feldwege, der Widmung in den Verfahren der Flurbereinigung als Mittel der Erreichbarkeit der landwirtschaftlichen Fläche und Gewährleistung der Bewirtschaftung – das kam sehr ausführlich nur vom Hessischen Bauernverband. Statt darüber zu meckern, wieso der Verband dies so spät geschickt hat, muss sich der Magistrat fragen lassen: Warum wurde so etwas nicht von dem gut aufgestellten städtischen Rechtsamt mit dem ersten Entwurf ausführlich untersucht, dargelegt? Beschlüsse, die empfohlen werden, sollen schließlich rechtmäßig sein. Und bei den Feldwegen ist es für die Diskussion wichtig zu wissen, wie diese entstanden sind und wozu es sie vorrangig gibt.
Doch zum Grundsätzlichen:
In all den Debatten, Vorlagen fehlt eine plausible Erläuterung zu allen Punkten, warum es dazu einer weiteren Vorschrift, weitere Bürokratie mit einer Satzung bedarf.
In all den Debatten wurde nicht erklärt, warum man den Landwirten nicht vertraut und es nicht für möglich hält das Ziel Insektenschutz durch Kooperationen zu erreichen.
In allen Debatten schwang unausgesprochen mit, das geht nur mit Verordnung und Strafe.
Das inhaltliche Ziel ist der Insektenschutz. Das Ziel teilen die Landwirte, haben es mehrfach betont und Bereitschaft signalisiert sich fachlich fundiert und kooperativ über Maßnahmen auszutauschen. Uns hat dies seitens der FDP dazu inspiriert, einen Runden Tisch gemeinsam mit dem Amt für den ländlichen Raum und Naturschutz zu etablieren. Die Amtsleiterin hatte Bereitschaft signalisiert.
Dazu wurde mal beleuchtet oder wurde dargelegt, was der Ist-Zustand ist?
Was wurde in der Gemarkung bereits freiwillig gemacht, was machen Landwirte und Jagdgenossen bereits jetzt.
Das wurde nicht beleuchtet. Man hat im Stadthaus nur festgestellt.
Was erfolgt in der Gemarkung, was könnte man noch angehen und was wäre wissenschaftlich spannend? Hier ist sehr viel in Bewegung und es gibt spannende Projekte.
Ein Austausch dazu setzt DIALOG voraus.
Ein Austausch setzt Wertschätzung des Dialogpartners voraus.
Und damit kommen wir zum Kernproblem bei diesem Thema.
Es ist nicht damit getan, wie in der Beweisführung bei Gericht aufzuschreiben wann man wann in welcher Mail oder Papier den Landwirten mitgeteilt hat um amtlich festzustellen: Beteiligung erfolgt.
Es ist nicht damit getan, knapp 2 Wochen vor der letzten Abstimmung das Angebot der Landwirte anzunehmen, und diese in die Fraktion der CDU und SPD einzuladen. Und dies auch erst, nachdem der Kreisbauernverband dies angeboten hat.
Wertschätzender Dialog geht anders.
Die Debatte um die Feldwege ist wie ein Wassertropfen, der es zum Überlaufen bringt. In den letzten Jahren hat sich ein über lange Zeit bewährter Dialog, sehr gut praktiziert von Martin Richard, sukzessive fast auf null reduziert. Zweimal im Jahr gab es seitens der Stadt Limburg, eingeladen vom Bürgermeister eine Ortslandwirtebesprechung. Das gab es in dieser Form in der Region nur in Limburg. Die Ortslandwirte sind für 6 Jahre direkt gewählt für die Ortsteile und Amtspersonen, die dem Amt für den ländlichen Raum zugeordnet sind. In der Runde in Limburg wurde von beiden Seiten angesprochen, was in der Gemarkung anliegt. Dort wurde auch mal Unangenehmes, Beschwerden aufgerufen und geklärt.
Inzwischen gibt es diese Besprechung in Limburg nur noch einmal im Jahr.
In 2023 hat noch keine stattgefunden.
Und in der Corona – Zeit war es bald 2 Jahre der Stadtspitze nicht einmal möglich, eine digitale Runde, einen Austausch in diesem Format anzubieten. Schweigen!
Fördert solch ein Führungsstill das Wissen, das gegenseitige Verständnis?
Kann man so die Expertise der ausgebildeten Landwirte abfragen?
Will man das?
Auf wenn hört man?
Warum wurde immer wieder vehement dem Anliegen eines Runden Tisch mit Menschen, wie der Amtsleiterin, die eine Ausbildung in den Themen haben – zurückgewiesen?
Was hätte dagegen gesprochen Pilotprojekt zB mit den nahen Universitäten in Bingen, in Gießen auf den Weg zu bringen?
Innovation, Kooperation und moderner Umweltschutz – das hätte Limburg gut zu Gesicht gestanden.
Die Landwirte haben das Gefühl, auf sie, ihre Expertise, ihre Erfahrungen hört keiner mehr. Das, was sie machen an freiwilligen Projekten, Arbeiten – das interessiert nicht.
Mit dem Beschluss am Montagabend, dem Verhalten und Verlauf der Beratungen wurde etwas sehr Kostbares zerstört: Vertrauen!
Landwirte sind in den Regionen wichtige Partner.
Wie groß die Bereitschaft dort ist, sich einzusetzen zeigt sich von dem spontanen „Klar zieh ich das Auto mal aus dem Graben“ bis zu den großen Katastrophen. Obwohl oft selbst in Not auf den Betrieben rollten die Traktoren ungefragt beim Hochwasser im Ahrtal rund um die Uhr um Menschenleben zu retten.
Da klopft man ihnen gerne auf die Schulter.
Da lobt man, betont die Wichtigkeit.
Kaum eine Berufsgruppe unterliegt einem dermaßen großen Erwartungsdruck wie die Landwirte. Sie sollen die Landschaft und das Erscheinungsbild der Natur mitgestalten, die Versorgung der Bevölkerung mit gesunden Lebensmitteln sicherstellen, Umweltauflagen einhalten und zugleich kostengünstig produzieren, das Tierwohl im Auge behalten aber das Fleisch günstig anbieten. Die Politik könnte durch Rahmenbedingungen positive Zeichen setzen – auch Zeichen des Respekts für eine Berufsgruppe, die es nicht leicht hat – das ist in Limburg nicht geschehen. Vertrauen in die örtliche Politik kann so nicht gewonnen werden.
Als es um einen fachlich fundierten Dialog ging, da waren die Landwirte wohl nicht wichtig genug. Oder man hat ihnen gar unterstellt, sie wollten das alles nicht und deshalb brauche es eine Verordnung.
Da geht leider viel zu Bruch mit dem Beschluss der Satzung.
Sinnbildlich ist für mich persönlich der Abend der Abstimmung.
Die Landwirte hatten zur Mahnwache vor der Stadthalle aufgerufen. Über 100 Landwirte waren dem gefolgt. Im vorgegebenen Rahmen, friedlich wurden Argumente vorgetragen und man suchte vor der Halle das Gespräch. Manche Politiker nutzen es, manche nicht. Der Bürgermeister der Stadt Limburg floh regelrecht in die Stadthalle. Und auch in der Stadthalle, als die Landwirte sehr friedlich der Debatte folgten und dort als Zuschauer saßen, selbst da gab es noch nicht einmal eine Begrüßung oder Hallo durch den Bürgermeister. Und als nach der Sitzung sich zufällig Landwirte und Bürgermeister mit seiner Fraktion in einer Gaststätte begegneten, nutzte der Bürgermeister selbst dort nicht einmal die Gelegenheit für ein persönliches Gespräch.